Dienstag, 31. März 2020

Kleine Gebetsschule XV: Loben, bitten, danken, klagen

Loben ist Beten in Hochform. Gott loben heißt, Ihm absichtslos zustimmen, einstimmen in das große Ja Gottes zum Leben. Anbetung, Lobpreis, Segen: Wer lobt, wendet sich dem Licht Gottes zu, selbst wenn er sein Leben im Schatten erlebt; wer Gott lobt, will nichts außer sich freuen an Ihm. Viele Psalmen, Kirchenlieder und liturgische Texte sind Lobgebete. Wenn ich Gott lobe, benutze ich Ihn nicht für meine privaten Wünsche und ich mache mich vor Ihm auch nicht klein. Loben ist Beten von Angesicht zu Angesicht, auf Augenhöhe mit Gott. Wer Gott lobt, findet für Ihn immer neue, fast überschwängliche Worte – wie in der Liebe.

„Halleluja! Lobt Gott in seinem Heiligtum, lobt ihn in seiner mächtigen Feste!
Lobt ihn für seine großen Taten, lobt ihn in seiner gewaltigen Größe!
Lobt ihn mit dem Schall der Hörner, lobt ihn mit Harfe und Zither!
Lobt ihn mit Pauken und Tanz, lobt ihn mit Flöten und Saitenspiel!
Lobt ihn mit hellen Zimbeln, lobt ihn mit klingenden Zimbeln!
Alles, was atmet, lobe den Herrn! Halleluja!“ (Psalm 150)
         
Das Bittgebet ist das einfachste und das schwierigste Gebet. Ich habe darüber in der „Kleinen Gebetsschule VIII: Den Himmel bestürmen?“ am 24. März ausführlich geschrieben. Bitte noch einmal nachlesen! Zusammengefasst: Sage nicht deinem Gott, dass du ein Problem hast, sondern sage deinem Problem, dass du einen Gott hast!

Das Dankgebet macht deutlich, dass ich nichts von dem, was mir geschenkt wurde, für selbstverständlich halten soll. Danken hat mit Staunen zu tun, mit Aufmerksamkeit und Vertrauen. Dankbar für mein Dasein werde ich häufig in der Natur – ich erfahre mich als ein Teil der Schöpfung, die nicht sinnlos ins All geworfen ist, sondern von Gott gewollt und beseelt ist. Dankbar für jeden Tag meines Lebens werde ich, wenn ich abends meinen Tag im Angesicht Gottes reflektiere. Im größten Dankgebet der Christenheit, der Eucharistie, verschmelzen Dank und Lob miteinander: Es gibt kein größeres Gotteslob, als Gott, dem Vater, den Dank für die Erlösung durch Jesus Christus immer wieder zum Ausdruck zu bringen, zu feiern und zu empfangen.

Das Klagegebet kommt häufig zu kurz. Und dabei gibt es himmelschreiendes Unrecht! Die Klage dient dazu, die eigene seelische Verfassung ehrlich ins Wort zu bringen und das eigene Gottesbild zu läutern. Das Klagen hilft, ehrlich zu beten; meine Worte werden dadurch ganz sicher weniger schön, aber dafür wahrhaftiger. Die Klage weigert sich, das herrschende Elend und Gott vorschnell miteinander zu versöhnen und die Welt einfach nur hinzunehmen, wie sie ist. So motiviert die Klage zu einem Leben aus dem Glauben. Manchmal denke ich: Weil wir das Klagegebet verlernt haben, bitten wir Gott häufig um das Unmögliche – und werden notwendig enttäuscht. Es wäre besser, ehrlich zu klagen, als darum zu bitten, dass Gott uns vor jeder Enttäuschung bewahrt. Wenn ich vor Gott meine Not ehrlich ausspreche, merke ich manchmal schon, dass ich genug Kraft habe, selbst etwas daran zu ändern. Beten ist Vertrauensarbeit – das lese ich aus vielen Klagepsalmen heraus. Zunächst scheint die Not unüberwindlich groß. Doch dann geschieht im Beter selbst eine Wendung: Die Not wird dadurch gewendet, dass sich die Perspektive des Beters ändert. Er gelangt durch das Klagegebet zum Vertrauen – und schließlich zum Lob Gottes.

Das Christentum geht über solches Klagen noch hinaus: Christen glauben, dass Gott selbst in Christus mitten durch das Kreuz hindurch ging und damit menschliches Leiden nicht sinnlos sein kann. Christen klagen nicht ins Leere.

Bis morgen!
Stefan Jürgens